Falsche Empfehlungen von Haushaltsmitteln wie Haarspray als Fixativ
Es ist mal wieder soweit, und ich muss mich, wie so häufig zu einem heiß diskutierten Thema äußern: Haarspray! Aber was genau hat Haarspray mit Kunst zu tun? Eigentlich unverständlich, aber Haarspray wird viel zu oft noch als günstiges Fixativ empfohlen.
Letztes Wochenende habe ich einen Zeichenkurs eines professionellen Künstlers besucht. Ich wiederhole nochmals, es handelte sich um einen professionellen Künstler, der mit Zeichnungen und Gemälden sein Geld verdient. Einen Namen möchte ich nicht nennen, aber über eine seiner Aussagen möchte ich mich auslassen.
Ich habe diesen Kurs besucht, weil ich mich etwas weiter entwickeln möchte, und ich die Art und Weise der Zeichnungen des Künstlers wirklich mag und absolut schätze. Das hat sich nach dem Kurs dann geändert. Seine Technik ist zwar immer noch klasse, aber welche Ratschläge er den Teilnehmern gegeben hat, kann ich immer noch nicht fassen, und dass ich dafür dann auch noch Geld ausgegeben habe, setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf.
Am Ende des Kurses ging es um das Thema der Fixierung von Grafit, Kohle oder Bleistiftzeichnungen. Sein Rat an die Kursteilnehmer: „Nehmt Haarspray oder Haarlack, das ist günstig und funktioniert“. Bei einigen der Kursteilnehmer sah man Kopfnicken, andere schüttelten den Kopf, und ich persönlich konnte es überhaupt nicht fassen. Ich habe den Künstler zu Rede gestellt, dass man mit Haarspray sein Werk vorsätzlich zerstören kann und ich habe ihm gesagt, dass ich es absolut nicht nachvollziehen kann, wie ein Profi ein solchen Ratschlag geben kann. Zunächst gäbe er Ratschläge zu qualitativ hochwertigen Papieren und Stiften, und im selben Atemzug nennt er billiges Haarspray als gutes Fixativ für Zeichnungen. Das ist doch paradox.
Bei ihm sei bisher noch nie etwas passiert, sagte er und ich fragte ihn, ob er es denn überhaupt kontrollieren könne, ob etwas passieren würde? Er zeichnet, fixiert mit Haarspray und verkaufe dann die Zeichnungen an seine Kunden. Habe er denn schon einmal nach Jahren gefragt, ob das Bild immer noch gut aussieht, oder ob es ggf. schon vergilbt sei bei den Kunden?
Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass in der heutigen Zeit in den Haarsprays Säuren, Öle und Parfüms seien, die das Bild angreifen können und vergilben lassen können. Ebenso solle man ja auf ein säurefreie und alterungsbeständiges Klebehilfsmittel achten, wenn man z.B. seine Bilder hinter Passepartouts fest klebt. Auch hier solle man kein Tesa-Film nutzen, weil dies eben säurehaltig ist. Jeder kennt es, der einmal einen Tesafilm-streifen nach mehreren Monaten von der Tapete abgezogen hat: Er hinterlässt braune Streifen. Das ist die Säure, die das Papier angegriffen hat.
Genau das kann jetzt auch mit Haarspray passieren: Es greift das Papier an und hinterlässt hässliche und nicht wieder reparable braune Flecken. Auch im Haarspray enthaltene Öle, die dafür sorgen sollen, dass das Haar glänzt, greifen das Papier an, bzw. hinterlassen unschöne Flecken.
Auch wenn er, und viele Andere mit denen ich mal über das Thema gesprochen habe, sagen, es sei bei Ihnen noch nie etwas passiert, frage ich mich, warum man etwas riskieren solle oder provozieren solle, was man vermeiden kann. Für mich hat derjenige, der seine Arbeiten mit Haarspray fixiert, keine Wertschätzung für sein eigenes Werk, an dem er mehrere Stunden oder Tage gearbeitet hat.
Die Zusammensetzung von Haarsprays hat sich in den letzten Jahren geändert. So stimmt es vielleicht, das vor 20/30 Jahren das Haarspray zum Fixieren noch genutzt werden kann. Heutzutage sind aber so viele Inhaltsstoffe darin, die das Papier angreifen, dass eben Haarsprays absolut nicht mehr dazu geeignet sind, Bilder zu fixieren.
Zum Fixieren gibt es mittlerweile sehr gute und auch sparsame Fixative (z.B. [WERBUNG] dieses hier bei Boesner), die speziell für Zeichnungen, Pastell-Gemälde, Kohlezeichnungen etc. genutzt werden sollten. Auch wenn diese etwas teurer sind als Haarsprays, sollte man hier nicht sparen. Und wie gesagt, ist es doch paradox, wenn man teures Papier und teure Materialien nimmt, wo man auch sparen kann, aber den Endschliff seines Werkes verhunzt man dann mit einem billigen Ersatz. Dann könnte ich meine Zeichnungen doch gleich auf Kopierpapier mit günstigsten Stiften oder Kugelschreibern machen… dann ist es doch eh egal.
Es bleibt also ein gut gemeinter Rat meinerseits: Nutzt zum Fixieren die entsprechenden Materialien, und lasst Euch nicht einreden, dass billiges Haarspray genau so gut ist. Es ist es einfach nicht, und um es nochmals deutlich zu sagen: Ihr zerstört damit Eure Werke.
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