Wo kriege ich meine Modelvorlagen für die Zeichnungen nur her?

Ich wurde mal gefragt, wo ich meine Modelvorlagen für die Zeichnungen her bekomme. Ganz einfach: Dem Internet!

Nein, ganz so einfach ist es natürlich nicht, und auch der Weg zum “jetzigen Ist-Zustand” war ein langer, und ist lange noch nicht vorüber. Ich bin sicherlich nicht so bekannt, dass ich täglich angesprochen, angemailt oder angerufen werde, ob diejenige mal für mich modeln kann. Bis dahin ist es noch ein ganz langer Weg…

Als ich angefangen habe zu zeichnen, das war 2003, habe ich mir nicht viel dabei gedacht und habe Bilder aus dem Internet genommen. Mal ehrlich, denkt nicht fast jeder so? Was im Internet ist, darf ich doch ruhig nutzen, verändern und selber veröffentlichen… weit gefehlt! Man sollte sich, bevor man Bilder und Modelvorlagen aus dem Internet nutzt, mit den Nutzungsrechten vertraut machen. Einige Bilder können frei genutzt werden, andere wiederum nicht. Ich war damals blauäugig, und habe darüber eigentlich nicht nachgedacht. Und genau dieses “nicht nachdenken” wurde für mich sehr schmerzlich.

Mein erstes Pinup (1986)

Als ich eine meiner Zeichnung, welche auf einem Bild aus dem Netz beruhte, veröffentlichte, und die Original Zeichnung bei Ebay zum Verkauf anbot, dauerte es nicht lange, bis ich ein Schreiben von einem Rechtsanwalt aus München im Briefkasten hatte. In diesem Schreiben wurde ich belehrt, dass ich ein geschütztes Bild genutzt hatte und ich dieses unverzüglich löschen müsse. Natürlich kam ich nicht um eine Strafe herum, aber der Rechtsanwalt und ich haben uns gütig geeinigt. Dennoch war eine Geldstrafe im dreistelligen Bereich für einen Studenten damals sehr sehr viel.

Das war mir dann eine Lehre und ich schaute bei den Bildern genauer hin, bzw. stöberte das Internet und Büchereien über Bildrechte durch. So habe ich gelernt, dass ich immer um Erlaubnis fragen sollte. Gelernt, gesagt und getan. Zu fast allen Bildern im Netz kann man die Bildrechte-Inhaber raus finden, bzw. ich suchte nicht mehr planlos im Internet, sondern begab mich auf Fotografen und Modelseiten, auf denen ich dann die Rechteinhaber direkt anschreiben konnte. Meine erste Anlaufstelle war damals Model Mayhem (www.modelmayhem.com). Das ist eine amerikanische Seite für Fotografen, Models, Retuscher und Illustratoren. Und genau der letzte Punkt war es, dass ich mich dort so wohl gefühlt hatte. Gibt es noch wesentlich mehr Fotografen- und Model-Seiten, gab es aber keine weitere, die auch Illustratoren unterstützte. Ich hatte also eine Plattform gefunden in der ich a) um Erlaubnis fragen konnte und b) meine Werke gleich auch einer großen Masse präsentieren zu können.
Auf dieser Seite knüpfte ich meine ersten Fotografen und Model für Modelanfragen und Kontakte: Ich schrieb meistens beide an, stellte mich vor, erzählte, was ich so machen würde, und fragte, ob ich eines der Bilder für eine Zeichnung nutzen könne. 99.9% der Fotografen waren alle sehr freundlich und unterstützten mich sofort. Von den meisten habe ich dann sogar hochauflösende Bilder des besagten Fotos bekommen, so dass ich diese dann perfekt für meine Zeichnungen nutzen konnte. Ich hatte nur einmal eine Absage eines Fotografen bisher, der nicht wollte, dass ich eines seiner Bilder nutzen dürfe. Bei den Models hingegen stieß ich auf 100%ige Zustimmung. Jede einzelne war geehrt, dass sie als Referenz für eine Zeichnung herhalten dürfe. Und so wurden aus wenigen Kontakten später viele Kontakte.

Unter den von mir angeschriebenen Fotografen war auch Robert Alvarado (www.instagram.com/alvaradopinup). Seine Bilder haben mich vom ersten Moment an fasziniert, denn er kombiniert den Pinup und Comic Stil mit Ästhetik den ich selber so liebe. Aus der Bekanntschaft wurde Freundschaft, und ich habe Robert mittlerweile zweimal in den USA besucht. Mittlerweile habe ich schon mehrere seiner Bilder als Referenz nutzen dürfen, und er begeistert mich immer wieder, so dass ich eigentlich ein Leben lang Referenzmaterial hätte.

Bild aus dem Shooting bei Robert

Durch die Kombination der Fotografen, Models und meiner Illustrationen bekam ich dann auch langsam Zuspruch für meine Arbeiten, so dass ich sogar manchmal selber angeschrieben wurde (von Fotografen und von Models), ob ich nicht Lust hätte, mit ihnen zusammen arbeiten zu können. Meine Fragen an die Fotografen wurde weniger, meine Anfragen an mich wurden mehr. Mittlerweile hatte ich auch in Deutschland eine Plattform gefunden, die Fotografen, Model und Illustratoren Sedcards anbot: Model-Kartei (www.model-kartei.de). Über beide Plattformen nutze ich auch heute noch die Möglichkeiten, mit Fotografen und Modellen in Kontakt zu treten. Obwohl Facebook und Instagram beiden so langsam den Rang abgelaufen haben.

Das Model und ihre Zeichnung

Irgendwann kam dann die Überlegung, ob ich mir nicht selber eine Kamera zulegen sollte, um selber die Vorlagen fotografieren zu können. Also fragte ich meinen Freund Robert Alvarado, was er mir denn für eine Einsteigerkamera empfehlen könne. Ich wisse ja noch nicht, ob mir Fotografieren genauso viel Spaß machen würde wie das Zeichnen. Auf Empfehlung von ihm kaufte ich mir meine erste Spiegelreflex-Kamera, und probierte diese erstmal nur so in der Natur aus. Mir fehlte ja noch ein Studio mit Equipment. Aber das Fotografieren in der Natur hat mir schon Spaß gemacht. Ich besuchte Foto-Lehrgänge und Workshops, um mich im Bereich der Fotografie weiter zu bilden, und weiteres Equipment kaufte ich mir auch.

Beim zweiten Besuch bei Robert Alvarado in den USA wartete dann eine Überraschung auf mich: Er sagte, er habe ein Model eingeladen und wir können doch gemeinsam mal eine kleine Session machen. Ich war extrem nervös, aber auch begeistert von meinem Vorbild lernen zu können. Er sagte mir alles über die Lichtsetzung, und das Model war so professionell genug, sich ohne Anweisung bewegen zu können. Ich musste eigentlich nur auf den Knopf drücken. Es entstanden die ersten Bilder im Alvarado-Stil den ich so liebe, und den ich für meine Zeichnungen perfekt nutzen konnte. Dieses kleine Shooting war ein Schlüsselerlebnis für mich und ich suchte mir ein Studio, in dem ich genau diese Bilder umsetzen konnte. Ich habe zwar kein eigenes Studio aufgebaut, aber ich bin Mitglied in einer Studio-Gemeinschaft seitdem um meine Modelvorlagen selber zu fotografieren.

Jetzt konnte ich direkte Anfragen auch schneller bearbeiten, denn ich konnte jetzt ja meine eigenen Bilder im eigenen Studio umsetzen. Also startete ich Anfragen über meine bekannten Kanäle, und fragte nach Modellen, die Lust hätten, für mich und meine Zeichnung zur Verfügung zu stehen: Erst ein kleines Shooting im Studio, dann Bildauswahl, und dann die Zeichnung.

Shooting mit Jessica Pollmeyer (2018)

Shooting mit Jessica Pollmeier (2018)

Über eigen gestartete Anfragen, aber auch eben durch die Anfragen der Modelle selber, habe ich mittlerweile genügend Modelvorlagen und Referenz-Material sammeln können, dass ich für die nächsten Jahre zeichnen könnte. Und ganz nebenbei habe ich ein weiteres Hobby für mich entdeckt: Das Fotografieren. Nun habe ich zwei Hobbys… das langsame, entspannte Zeichnen und das schnellere, action geladene Fotografieren. In beiden Bereichen entwickle ich mich immer weiter und ich habe in beiden Bereichen auch noch Ziele, die ich erreichen möchte.

Der aufregende Weg geht also weiter. Mittlerweile bekomme ich fast mehr Anfragen von Modellen für ein Zeichnungs-Shooting als dass ich selber anfragen muss. Nächstes Ziel: Nur noch Anfragen für Modelvorlagen zu bekommen. Wenn Du also selber Model bist und das hier liest, und Lust hättest, für meine Zeichnungen als Referenz zur Verfügung zu stehen, dann schreibe mir. Ich freue mich auf jegliche Anfragen.

Grüße Dirk